30. August 2024
Sophie Rodewyk
Alles über die exzessive Beschäftigung mit vermeintlichen körperlichen Makeln und was die sozialen Medien mit der Erkrankung zu tun haben
@ Pexels
Auch wenn das Krankheitsbild der Dysmorphophobie bereits seit etwa 100 Jahren bekannt ist, gehen Fachleute davon aus, dass die sozialen Medien zu einer Zunahme der ursprünglich unter dem Begriff Entstellungsangst bekannten Selbstwahrnehmungsstörung beitragen. Insbesondere junge Menschen und hier vor allem Frauen sind durch das in den sozialen Medien vermittelte Schönheitsideal anfälliger für Körperbildprobleme geworden.
In einem 2018 veröffentlichten Artikel erwähnten Forscher:innen der Boston University School of Medicine erstmalig den Begriff der “Snapchat Dysmorphia”. Dahinter steckt das Phänomen, dass immer häufiger vor allem junge Menschen ästhetische Eingriffe wünschen, um ihr Aussehen dem anzugleichen, das sie durch die Nutzung der sogenannten Beauty-Filter sehen.
Damit einher geht auch der konstante Vergleich mit Bildern von Menschen, die scheinbar perfekt sind und bei denen die Verwendung von Filtern oder Bildretusche nicht deklariert ist. Eine der zentralen Aussagen der Forscher:innen: Patient:innen, die plastische Chirurgie oder minimalinvasive ästhetische Eingriffe wünschen, um ihr tatsächliches Aussehen dem ihrer Selfies mit einem angewandten Beauty-Filter anzugleichen, sollten zunächst eine therapeutische Behandlung in Betracht ziehen.
Bei der Dysmorphophobie, häufig auch körperdysmorphe Störung (KDS) genannt, handelt es sich um eine exzessive Beschäftigung mit vermeintlichen körperlichen Makeln, die anderen Menschen nicht auffallen.
Dysmorphophobie ist nicht auf Eitelkeit oder Selbstverliebtheit zurückzuführen. Die Betroffenen haben aufgrund verschiedener möglicher Ursachen eine verzerrte Wahrnehmung ihres eigenen körperlichen Erscheinungsbildes. In der überwiegenden Mehrheit der Fälle tritt die Erkrankung erstmals während der Pubertät auf.
Insbesondere Menschen, die während ihrer Kindheit Missbrauch, Vernachlässigung oder Mobbing erlebt haben, haben ein erhöhtes Risiko, eine körperdysmorphe Störung zu entwickeln.
Während etwa 40 Prozent der Patient:innen zu Beginn der Erkrankung meist eine bestimmte Körperregion als fehlerhaft wahrnehmen, kommen bei vielen im Verlauf der Erkrankung weitere hinzu. Als üblicherweise wahrgenommene körperliche Makel gelten:
⁃ zu geringe Haardichte
⁃ abstehende oder fehlgeformte Ohren
⁃ Doppelkinn
⁃ zu kleine/große, asymmetrische Brüste
⁃ Proportionen der Beine
⁃ Übergewicht
⁃ zu geringe Muskelmasse
Menschen, die unter Dysmorphophobie leiden, setzen sich übermäßig viel mit der Frage auseinander, wie die vermeintlichen körperlichen Makel beseitigt werden können.
Häufig treten zudem mögliche Begleiterscheinungen wie Depression (einhergehend mit möglicher erhöhter Suizidrate), Sozialphobie (Isolierung vom sozialen Umfeld), Angststörung oder Essstörung (Anorexie, Orthorexie) auf.
Für Fachärzt:innen, die im Bereich der ästhetischen Medizin arbeiten, tritt bei der Behandlung von Menschen, die unter Dysmorphophobie leiden, häufig die Problematik auf, dass diese oftmals gehäufte OPs und Korrekturen fordern, da sie mit den Behandlungsergebnissen unzufrieden sind.
Gerade bei elektiven Behandlungen ist deshalb eine genaue Selektion und Analyse vorab von überdurchschnittlicher Bedeutung. Zudem sollten Ärtz:innen Bedenkzeit einräumen oder im Zweifelsfall Behandlungen sogar ihrerseits ablehnen.
Im Gegensatz zur verzerrten körperlichen Wahrnehmung der von Dysmorphophobie Betroffenen zeichnet sich ein gesundes, positives Körperbild vor allem durch Selbstakzeptanz, einer korrekten Einschätzung des eigenen Körpers und Zufriedenheit mit dem eigenen Körper aus.
Aussehen wird nicht als wichtigster Aspekt des Selbstbildes wahrgenommen und auch beim Wunsch nach ästhetischen Eingriffen sind die Erwartungen an ein mögliches Ergebnis realistisch.