3. Februar 2025
Christine Bürg
Das Spezialgebiet der Dermatologinnen Dr. Annette Zimpfer-Keese und Dr. Christine Zimpfer ist die Dermato-Onkologie. Die beiden Ärztinnen erklären im Interview, welche Formen von Hautkrebs es gibt, wie man sie frühzeitig erkennt, wie man sich vor ihnen schützen und wie man sie behandeln kann
@ Anna Tarazevich
Die Dermato-Onkologie ist ein Fachbereich, der immer mehr an Bedeutung gewinnt. Denn Hautkrebs gehört zu den häufigsten Krebsarten. Die Dermatologinnen und Schwestern Dr. Christine Zimpfer und Dr. Anette Zimpfer-Keese leiten gemeinsam in Mannheim ein inhabergeführtes MVZ und haben sich auf Dermato-Onkologie spezialisiert.
Rund 450.000 Menschen erkranken in Deutschland jedes Jahr an einer Form von Hautkrebs. Tendenz steigend. Woran liegt das? Eigentlich sind die Menschen heute doch wesentlich aufgeklärter, was die die Gefahren angeht.
Dr. Annette Zimpfer-Keese: Die steigende Zunahme von Hautkrebsfällen in Deutschland ist auf verschiedene Ursachen zurückzuführen. Der demographische Wandel mit steigender Lebenserwartung, Umwelteinflüsse, genetische Veranlagung, mangelnder Sonnenschutz bei Sonnenexposition bei jungen Personen, Solarienbesuche und andere Ursachen sind Faktoren, die Hautkrebs begünstigen.
Hautkrebs entsteht häufig ohne Beschwerden und wird somit erst spät bemerkt. Obwohl die Menschen heute besser über die Gefahren von Hautkrebs informiert sind, gibt es immer noch viele die sich weder privat noch im Beruf ausreichend vor der UV-Strahlung schützen.
Schwarzer Hautkrebs ist extrem aggressiv und gefährlich. Weshalb?
Dr. Annette Zimpfer-Keese: Schwarzer Hautkrebs ist die aggressivste Form unter den Hauttumoren und entwickelt sich aus den pigmentbildenden Zellen (sogenannten Melanozyten) der Haut. Der schwarze Hautkrebs ist auch bekannt als malignes Melanom.
Der schwarze Hautkrebs kann sich unbemerkt ohne Symptome über das Blut- und Lymphsystem im Körper ausbreiten. Die Absiedelungen des Melanoms im Körper
wird auch als Metastasierung bezeichnet und kann anderes Körpergewebe und Organe befallen und zerstören.
Im fortgeschrittenen Stadium des Melanoms können die Metastasen sich über die Haut, das Lymphsystem, die Lunge, das Gehirn, die Leber und die Knochen verteilen.
Deshalb ist die frühzeitige Entdeckung von schwarzem Hautkrebs so wichtig, das es gar nicht zu einer Streuung im Körper kommen kann und die Heilungschance durch die frühzeitige Erkennung gegeben ist.
Wie sieht es beim Melanom mit den Heilungschancen bzw. Behandlungsmöglichkeiten aus? Gibt es neue Entwicklungen?
Dr. Annette Zimpfer-Keese: Die Kunst ist es, eine Frühform des Melanoms, das noch nicht gestreut hat, zu entdecken und zu entfernen – dann kann man den Menschen wirklich helfen. Das heißt, durch frühzeitige Erkennung und kompletter operativer Entfernung, ist auf jeden Fall eine Heilungschance gegeben.
Mittlerweile gibt es auch tumorspezifische Impfstrategien
Die Behandlungsmöglichkeiten werden nach Stadien der Erkrankung von uns ausgewählt. Durch die Entwicklung neuer Immuntherapien und zielgerichteten Therapien haben sich die Heilungschancen mit fortgeschrittenem Stadium des malignen Melanoms wesentlich verbessert. Mittlerweile gibt es auch tumorspezifische Impfstrategien, die vielversprechend sind.
Zertifizierte kooperierende Hauttumorzentren unterstützen uns ambulant bei der hochwertigen Versorgung unserer Patientinnen und Patienten, um ihnen die neuesten Therapieoptionen anzubieten.
Erfreulicherweise gibt es nun bei metastasierten Patientinnen und Patienten durch neuen Behandlungsmöglichkeiten eine bessere Prognose und Aussicht auf Heilung.
Weißer Hautkrebs (Basaliom und Spinaliom) ist wesentlich verbreiteter als schwarzer Hautkrebs. Ältere Menschen sind stärker davon betroffen als junge. Warum?
Dr. Christine Zimpfer: Weißer Hautkrebs ist eine Sammelbezeichnug für verschiedene Arten des Hautkrebses. Es gibt zwei Typen von weissem Hautkrebs, das Basaliom, auch Basallzell-Karzinom genannt, und das Spinaliom, auch Plattenepithel-Karzinom genannt.
Beide Typen sind weniger aggressiv als das Melanom und bilden ganz selten Metastasen, sogenannte Tochtergeschwülste. Das Basaliom ist allerdings die häufigste Form.
Es gibt 2 Hauttypen von weissem Hautkrebs
Zu den Ursachen und Risikofaktoren zählen zum einen eine intensive UV-Strahlenbelastung im Laufe seines Lebens durch die Sonne oder die künstliche Strahlenbelastung durch Solariumbesuche in der Vergangenheit.
Weiterhin spielt natürlich auch die Veranlagung des Hauttyps eines Menschen eine Rolle, so ist der helle Hauttyp mit blauen Augen, Sommersprossen und rötlichem Haar viel anfälliger für Sonnenbrände und spätere Hautschäden.
Viele Sonnenbrände in der Jugend und natürlich nicht zu vergessen die Freizeitgestaltung bei gewissen Sportarten. Tennis, Golf, Segeln…. der ein oder andere Beruf im Freien und häufige Urlaube im Hochgebirge oder am Meer in der Vergangenheit.
Ältere Menschen sind stärker betroffen, da sie im Laufe ihres Lebens mehr Zeit in der Sonne verbracht haben und einer intensiven UV-Strahlenbelastung ausgesetzt waren und den ein oder anderen Sonnenbrand in ihrem Leben durchgemacht haben.
Es ist wichtig, auch im fortgeschrittenen Alter auf ausreichenden Sonnenschutz zu achten
Zudem nimmt die Regenerationsfähigkeit der Haut mit dem Alter ab, was das Risiko für Hautkrebs erhöht. Auch darf man nicht vergessen, dass wir seit Stand der heutigen Medizin auch immer älter werden im Gegensatz zu früher.
Es ist daher wichtig, auch im fortgeschrittenen Alter auf ausreichenden Sonnenschutz zu achten und regelmäßige Hautkrebsvorsorge durchführen zu lassen.
Zusammengefasst kann man sagen: Es hängt alles von der lebenslangen intensiven UV-Strahlung bzw. dem Sonnenbaden ab. Denn: Die Haut vergisst nicht.
Woran erkennt man weißen Hautkrebs und wie sehen die Heilungschancen aus?
Dr. Christine Zimpfer: Wir sehen natürlich viele Hautkrebserkrankungen in unserer Schwerpunktpraxis Dermato-Onkologie, sowie deren Vorstufen, aber am häufigsten Vorstufen des weissen Hautkrebses.
Man muss es den Patienten so erklären, dass es sich hierbei um einen chronischen Sonnenschaden der Haut handelt, der sich über eine jahrzehntelange UV-Licht-Exposition er Haut ausgebildet hat, aber noch kein Tumor darstellt.
Die häufigste Hautkrebsart ist das Basaliom, auch Basalzell-Karzinom genann, danach kommt der zweithäufigste Hautkrebstumor: das Spinaliom, der auch als Plattenepithel-Karzinom bezeichnet wird.
Der weisse Hautkrebs kann vielseitig sein und entsteht bevorzugt im Gesichtsbereich, oft zeigt sich ein perlschnuartiges – hautfarbenes Knötchen oder ein Knötchen was blutet und ulzeriert oder aber auch eine nicht abheilende kleine Wundläsion mit Krustenbildung. Wenn eine Hautläsion nicht abheilt, bitte zum Arzt gehen.
Bei den Vorstufen des weissen Hautkrebses, den aktinischen Keratosen, bilden sich bevorzugt im Gesichtsbereich rötlich/bräunliche schuppende Hautläsionen eher ekzemartig. Es fühlt sich rauh und schuppig an.
Weisser Hautkrebs entsteht bevorzugt im Gesichtsbereich
Der weisse Hautkrebs und deren Vorstufen sind heutzutage in der Regel sehr gut zu behandeln. Es sollte eine optimale frühzeitige Diagnostik stattfinden dh. schnell und frühzeitig erkennen. Beide Tumore sind heute durch eine komplette operative Sanierung heilbar.
Bei den Vorstufen, den aktinischen Keratosen hat sich in den letzten Jahren die PDT-Behandlung etabliert, die eine nicht invasive lokale Lichttherapie ohne Operation darstellt. In unsrer Praxis wird diese neuartige Methode mit großem Erfolg durchgeführt.
Weshalb ist die Hautkrebsvorsorge so wichtig? Wie sollte diese idealerweise aussehen –Stichwort KI Diagnostik?
Dr. Annette Zimpfer-Keese: Regelmäßige Hautkrebsvorsorgeuntersuchungen helfen, verdächtige Hautläsionen frühzeitig zu erkennen, zu entfernen und somit dafür zu sorgen, dass keine Hautkrebserkrankung entstehen kann.
Idealerweise sollte die Hautkrebsvorsorge aus einer gründlichen auflichtmikroskopischen Untersuchung der Haut durch eine Hautärztin oder Hautarzt mit einer kombinierten digitalen auflichtmikroskopischen Bildgebungsdiagnostik durchgeführt werden.
Diese digitale Diagnostik wird in unserer Hautkrebsvorsorgeuntersuchung regelmäßig unterstützend eingesetzt, um Auffälligkeiten oder kleinste Veränderungen frühzeitig auch in Verlaufskontrollen festzustellen und zu analysieren. So können wir verdächtige Läsionen schneller indentifizieren.
In unserem Hautzentrum mit Schwerpunkt Dermato–Onkologie wurden über 63 000 digitale auflichtmikroskopische Untersuchungen in den letzten 10 Jahren durchgeführt.
Neben dieser Diagnostik unterstützen uns mittlerweile in der Praxis andere moderne KI Technologien, um unnötige Operationen vermeiden zu können und in Zukunft die Genauigkeit der Diagnosen zu verbessern und die Patientenversorgung zu optimieren.
Wie häufig sollte man ein Hautscreening machen? Wer trägt die Kosten?
Dr. Christine Zimpfer: Ein Hautkrebsscreening sollte in der Regel einmal im Jahr durchgeführt werden, insbesondere wenn ein erhöhtes Risiko für Hautkrebs besteht. Zum Beispiel bei familiärer Vorbelastung, aufgrund vieler Sonnenbrände in der Kindheit und Jugend, Solariumbesuche in der Vergangenheit. Oder Berufe, die bevorzugt im Freien durchgeführt werden, bei hellem Hauttyp oder vielen Muttermahlen am Körper
Ab einem Alter von 35 Jahren steht allen gesetzlich Versicherten alle 2 Jahre eine Hautkrebsvorsorge zu. Auch bei jüngeren Patienten kann die Hautkrebsvorsorge von der Kasse übernommen werden, das variiert aber je nach Kasse. Wir empfehlen dies persönlich mit seiner Kasse abzuklären.
Ein Hautkrebsscreening sollte in der Regel einmal im Jahr durchgeführt werden
Es gibt aber auch Patientenfälle, wo es aus medizinischer Sicht ratsam ist, sogar halbjährlich einen Hautcheck durchführen zu lassen, dies muss dann allerdings als Selbstzahlerleistung vom Patienten übernommen werden.
Die Kosten können je nach Bundesland variieren.
Die Sonne ist für uns wichtig – zum einen, weil sie der Psyche gut tut. Vor allem aber für die Bildung von Vitamin D (Knochengesundheit, Schutz vor Darmkrebs). Eine Zwickmühle. Was raten Sie hier?
Dr. Christine Zimpfer: Es ist tatsächlich eine Zwickmühle, da die Sonne sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben kann. Wir brauchen das Sonnenlicht für einen Teil unserer Gesundheit, nämlich für die Vitamin D-Produktion.
Vitamin D ist ein lebenswichtiges Vitamin und heutzutage in aller Munde.
Wir brauchen Vitamin D für den Erhalt unserer Knochen, es spielt eine Rolle im Immunsystem und zugleich reguliert es wichtige Stoffwechselprogramme in unserem Körper.
Wir brauchen Sonnenlicht für die Vitamin D-Produktion
Bei einem Mangel im Erwachsenenalter kann es zur Osteoporose führen. Wir wissen heutzutage auch, dass ein Mangel Darmkrebs hervorrufen kann. Der Körper ist nicht alleine in der Lage Vitamin D zu produzieren, es wird nur ein geringer Teil über unsre Nahrung aufgenommen.
Was aber immer noch nicht so in der Bevölkerung bekannt ist, dass es zum Beispiel ausreicht, wenn man dreimal in der Woche mit Gesicht, Händen und beiden Unterarmen für etwa 15-20 min ein Sonnenbad nimmt, um die Vitamin – D Produktion anzuregen.
Ansonsten empfehlen wir in unserer ganzheitlichen Praxis eine Vitamin D Blutanalyse bei Risikopatienten oder Hautkrebspatienten durchzuführen, die wir in unserer Praxis anbieten, um den Vitamin D Spiegel zu bestimmen und dann gezielt individuell Mängel auszugleichen.
Mein Rat wäre, die Sonne in Maßen zu genießen, um die Vorteile von Vitamin D zu nutzen aber gleichzeitig auch vor übermässiger Sonneneinstrahlung zu schützen. Sonnenbrände in Zukunft zu vermeiden, um das Risiko von Hautschäden und Hautkrebs zu minimieren.
Vitamin B 3 (Niacin) soll die Haut vor UV-Schäden schützen. Macht es Sinn, es zu supplementieren?
Dr. Christine Zimpfer: Vitamin B3, auch als Niacin bekannt, ist ein wasserlösliches Vitamin und gehört zur Gruppe des Vitamin B-Komplexes.
Es spielt eine wichtige Rolle beim Lichtschutz vor der Wirkung von UV-Strahlung. Vitamin B3 stimuliert die Reparaturmechanismen in der Haut und trägt zum Schutz vor DNA-Schäden der Hautzellen bei und damit auch zum Schutz vor Zellentartung.
Dieses Vitamin zeigt einen positiven Effekt bei Patienten mit einem erhöhten Risiko für nicht-melanozytäre Hautkrebserkrankungen, zum Beispiel bei weissem Hautkrebs und seinen Vorstufen, es senkt das Risiko ihrer Entstehung um etwa 30-35%.
Niacin ist ein wichtiger Nährstoff auch für die Hautgesundheit
Es ist jedoch für mich immer ratsam, vor der Einnahme von Supplements eine Labordiagnsotik durchzuführen, um den aktuellen und individuellen Status zu bestimmen und herauszufinden, was tatsächlich fehlt. Dann kann man gezielt supplementieren.
Gute Niacin-Quellen bei Lebensmitteln sind unter anderem Fleisch (besonders Rinderleber, natürlich vom Bio-Rind), Fisch, Brauner Reis, Zwiebeln, Nüsse und Samen.
Zusammengefasst: Niacin ist ein wichtiger Nährstoff auch für die Hautgesundheit, es kann das Risiko von der Entstehung von Hautkrebs senken, stärkt die Hautbarriere und ist außerdem bekannt für den Erhalt gesunder Schleimhäute.
Die Schutzwirkung von Vitamin B3 ist allerdings relativ kurz und sollte daher spätestens 24-48h vor einer Sonneneinstrahlung eingenommen werden. Empfehlung: 2-3x täglich 500mg Niacin als Supplement zu verabreichen.
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Sonnenschutz ist für die Prävention unabdingbar. Andererseits schaden UV-Filter der Umwelt. Was tut sich hier in punkto Nachhaltigkeit?
Dr. Annette Zimpfer-Keese: Natürlich ist Sonnenlicht nicht nur schädlich. Die Sonne unterstützt ja auch unsere Gesundheit. Bestandteil des Sonnenlichts ist allerdings ultraviolettes Licht, das die die Entstehung von Hautkrebs begünstigt und die Hautalterung beschleunigt.
Meine Empfehlung ist immer, Sonnenbrand und Hautrötungen zu vermeiden, sowie direkte Sonne, man sollte sich lieber im Schatten aufhalten, UV Textilien oder andere sonnengerechte Kleidung tragen.
Bei direkter Sonnenexposition braucht man Sonnenschutzmittel, die auf die Haut aufgetragen werden. Hierbei lege ich Wert auf nachhaltigen und umweltverträglichen Sonnenschutz für die ganze Familie.
Wenig bekannt ist hierbei, dass Sonnenschutzmittel die Unterwasserwelt und die Korallen gefährden. Manche Hersteller bieten mittlerweile sogenannte riffsichere Sonnenschutzmittel an, die frei von Inhaltstoffen wie Octinoxat und Oxybenzon sind.
Nachhaltige Sonnenschutzprodukte sollten am besten auch frei von Nano-Technologie, Mikroplastk und Parabenen sein.
Geöffnete Sonnenschutzmittel sollten zeitnah aufgebraucht und nach einem Jahr nicht mehr verwendet werden, da diese durch die Bildung von Octocylen in Benzophenon krebserregend werden können.
Auch das sogenannte Blue Light oder High Energy Visible light, Bildschirmschirmlicht oder auch Blaulicht genannt, spielt eine wenig bekannte, aber wichtige Rolle für die Entstehung von Hautschäden. Diese Strahlung ist weniger gefährlich wie die UV -Strahlung, aber ebenfalls ein Feind unserer Hautgesundheit.
Diese Blaulicht- Strahlung dringt tagtäglich unbemerkt tief in unsere Haut ein und führt zu oxidativem Stress durch die Entwicklung freier Radikaler. Besonders das Gesicht mit Kinn und Wangenbereich sind durch die Strahlung des blauen Lichts durch Computer und Handy betroffen.
Für die tägliche Gesichtspflege wäre meine Empfehlung eine Pflege mit einem neuen, nicht umweltschädlichen Filter für das Blue Light oder mit einem Breitbandschutz zu benutzen.