17. Januar 2025

Nils Behrens

Nils Behrens: Zum Wohl?! Warum Alkohol gegen das Wohl wirkt

Nils Behrens ist Top-Experte in den Bereichen ganzheitliche Medizin und Prävention und Host des Podcasts „Healthwise“. Seine aktuelle Kolumne für Premium Quarterly dreht sich um das Thema Alkohol. Denn mit jedem Glas reduzieren wir unsere Lebenszeit

umgekipptes Rotweinglas

@ Polina Tankilevitch

Alkohol – ein Zellgift, das nachweislich unserer Gesundheit schadet

Der Geburtstag – ein Fest des Lebens. Es beginnt mit einem Gläschen Champagner, vielleicht folgt ein edler Rotwein zum Dinner. Während wir uns gegenseitig zuprosten und „Zum Wohl!“ sagen, schenken wir eigentlich das Gegenteil ein: ein Zellgift, das nachweislich unserer Gesundheit schadet.

 

Klingt drastisch? Ist es auch. Doch das ist nur die halbe Wahrheit, wie der Wissenschaftsjournalist und Bestsellerautor Bas Kast in unserem Healthwise Podcast erklärt. Alkohol gehört zur Normalität.

 

Ein Glas Wein beim Dinner, das Feierabendbier zum Entspannen – gesellschaftlich akzeptiert und sogar glorifiziert. „Alkohol ist die einzige Droge, für die man sich rechtfertigen muss, wenn man sie nicht nimmt,“ betont Kast im Gespräch. Damit trifft er einen Nerv.

 

Ein Mythos fällt: Das „gesunde“ Glas Wein

 

Wir haben es alle schon gehört: Ein Glas Rotwein pro Tag sei gut fürs Herz. Ein Mythos, der sich hartnäckig hält. Tatsächlich finden sich im Wein Pflanzenstoffe wie Resveratrol, die entzündungshemmend wirken sollen.

 

Doch im Gespräch mit Kast wird klar: Um die wissenschaftlich relevante Menge Resveratrol zu erreichen, müsste man etwa 12 Liter Rotwein am Tag trinken. Ein absurder Gedanke, der zeigt, wie wenig das „gesunde Glas Wein“ mit der Realität zu tun hat.

 

Kast ergänzt, dass Weintrinker in Studien oft gesünder abschneiden, weil sie meist zu einer privilegierten, gesundheitsbewussteren Schicht gehören. Der Wein selbst ist dabei nicht das „Lebenselixier“, sondern ein statistischer Zufall. Und der Alkohol? Der wirkt, wissenschaftlich belegt, in jeder Dosis schädlich – egal, wie sehr wir ihn romantisieren.

Ich finde, es ist ironisch, dass wir „Zum Wohl“ sagen, obwohl Alkohol eher zum Unwohl führt. Eine britische Studie vergleicht den Effekt von Alkohol mit Zigaretten: Eine Flasche Wein pro Woche erhöht das Krebsrisiko für Frauen so stark wie zehn Zigaretten, bei Männern entspricht es etwa fünf Zigaretten. Besonders betroffen sind bei Frauen Brustkrebs und bei Männern Darmkrebs.

 

Warum wir trotzdem Alkohol trinken

 

Doch warum halten wir trotzdem so hartnäckig an unserem Glas fest? Bas Kast bringt es auf den Punkt: Alkohol ist bequem. Er löst schnell und mühelos Probleme – er entspannt, lockert soziale Situationen und lässt den Stress des Tages verschwinden.

 

Genau hier liegt das Dilemma. Diese schnelle Wirkung hat einen hohen Preis. „Ein Glas Wein zu trinken, erfordert keine Überwindung. In einen kalten See zu steigen oder eine Runde Sport zu machen schon –aber genau das bietet langfristig echten Genuss“, erklärt Kast.

 

Auch ich kann das bestätigen: Beim Eisbaden spüre ich nach einer Stunde dieses grundlose „Gut-drauf-Sein“, das Alkohol nie bieten konnte. Die Überwindung zahlt sich aus, ohne negative Nebenwirkungen.

Das soziale Dilemma: Ein Trick für Veranstaltungen und Feste

 

Eines der größten Hindernisse für Alkoholverzicht ist das soziale Umfeld. Bei vielen Feiern scheint Alkohol die Eintrittskarte zur Geselligkeit zu sein. Oft entsteht der Eindruck, dass man das „personifizierte schlechte Gewissen“ ist, sobald man das Glas ablehnt.

 

Ein Trick, der sich für mich bewährt hat, ist, sich ein Glas einschenken zu lassen, ohne es zu trinken. Damit spart man sich jede Diskussion. Kast versteht diesen Ansatz, sieht aber darin auch, wie stark Alkohol in unserer Gesellschaft verankert ist. „Es wäre schön, wenn es ganz normal wäre, zu sagen: Nein, danke – genauso wie bei einer Zigarette“, erklärte er in Healthwise.

 

Kleine Schritte zu großen Veränderungen

 

Wie schafft man es nun, den Alkohol zumindest zu reduzieren? Kast schlägt einen einfachen Startpunkt vor: den „Dry January“. Ein Monat ohne Alkohol kann der Anfang für ein neues Körpergefühl sein.

 

„Nach ein paar Wochen merkt man, was man gewinnt: besseren Schlaf, mehr Energie, eine klarere Denkweise“, so Kast. Doch das Wichtigste ist, sich ehrlich zu fragen: Welches Problem löst Alkohol für mich? Ist es Entspannung? Dann könnte Sport, Yoga oder Meditation eine nachhaltigere Lösung sein. Ist es der soziale Druck? Dann hilft es vielleicht, bewusst neue Rituale zu etablieren.

 

Fazit:

Vielleicht sollten wir uns beim nächsten Geburtstag fragen, ob das „Zum Wohl“ wirklich unserem Wohl dient. Im Gespräch mit Bas Kast wurde klar: Alkoholverzicht ist kein Verzicht, sondern ein Gewinn – für die Gesundheit, die Freiheit und den Genuss.

 


 

Nils Behrens ist der Chief Brand Officer von Sunday Natural und Host des Podcasts HEALTHWISE. Außerdem unterrichtet der gefragte Health-Experte als Dozent an der Hochschule Fresenius. Vorher arbeitete Behrens über 12 Jahre als Chief Marketing Officer der Lanserhof Gruppe und Gastgeber des erfolgreichen „Forever Young“-Podcasts.

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