Hüftarthrose – Wann ist es Zeit für ein neues Gelenk?

This is hip: Neueste Forschungen bescheren der Orthopädie alternative Behandlungsmethoden

© Jonathan Knowles/Photodisc via Getty Images

Es sind beeindruckende Zahlen: Fast 230 000 Menschen bekommen alleine in Deutschland pro Jahr ein künstliches Hüftgelenk. 170.000 Patienten erhalten Knie-Endoprothesen und etwa 60.000 Schultergelenke. Für den einzelnen Betroffenen bedeutet der Eingriff meist eine massive Zäsur im Leben – weg von jahrelangen chronischen Schmerzen und eingeschränkter Mobilität hin zu einer neuen, unbeschwerten Beweglichkeit.

 

In der Chirurgie ist der Austausch von Gelenken längst Routine. Vor gut 70 Jahren implantierte der britische Orthopäde George Kenneth McKee die erste wirklich brauch- und haltbare künstliche Hüftprothese – damals noch aus rostfreiem Stahl. Heute kommen überwiegend Teile mit Komponenten aus Polyethylen, Keramik und Titan zum Einsatz. Die Entwicklungen auf diesem Gebiet wurden im Verlauf der vergangenen Jahre so weit perfektioniert, dass in naher Zukunft keine weiteren großen Revolutionen zu erwarten sind, meint Prof. Dr. Andreas Imhoff, der über 25 Jahre lang die Abteilung und Poliklinik für Sportorthopädie am Universitätsklinikum rechts der Isar in München leitete.

 

„Wir haben bei Hüftgelenken eine Erfolgsquote von 95 Prozent. Das ist schon wirklich richtig gut. Natürlich wollen wir noch besser werden, doch wir werden niemals 100 Prozent erreichen, weil der Patient selbst, vor allem seine Psyche, natürlich auch eine wesentliche Rolle spielt. Letztlich muss der Körper wieder lernen, mit dem Gelenk richtig umzugehen. Dabei spielt die Physiotherapie auch eine ganz wichtige Rolle“, so der international renommierte Experte, zu dessen erfolgreich behandelten Patienten so prominente Namen wie die Könige von Malaysia und Saudi-Arabien und Spitzensportler wie Bastian Schweinsteiger zählen.

Es werde viel geforscht in Richtung individueller Prothesen, die dem Patienten gleichsam auf den Leib geschneidert sind, doch können diese nur in Spezialfällen zum Einsatz kommen, weil sie in großen Stückzahlen durch das Gesundheitssystem nicht finanzierbar sind. Überhaupt gehe der Trend, so Prof. Dr. Imhoff, viel stärker in die Richtung, dass der Austausch eines Gelenks die letzte Möglichkeit sein sollte. Minimalinvasive Eingriffe, bei denen repariert wird, was noch zu reparieren ist, sind sein Gebot der Stunde. Und das aus mehreren Gründen.

 

Zwar haben die Endoprothesen heute eine Haltbarkeit von bis zu 20 Jahren, gleichzeitig ist aber auch die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen gestiegen. Ein Erhalt des natürlichen Gelenks so lange wie möglich, um ein künstliches nicht zweimal tauschen zu müssen, sei deshalb oberste Prämisse. Dies vor allem auch deshalb, weil eine erneute Implantation allein schon durch das dann höhere Alter des Patienten und eine längere Operationsdauer mehr Komplikationsrisiken mit sich bringt. Auf der anderen Seite gibt es vielversprechende Ansätze auf Gebieten der Eigenbluttherapie, der Züchtung künstlicher Gewebe und der Knorpeltransplantation. Gerade letzteres Thema birgt großes Potenzial.

 

Zwar haben die Endoprothesen heute eine Haltbarkeit von bis zu 20 Jahren, gleichzeitig ist aber auch die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen gestiegen

 

„Wir haben daran in den vergangenen 20 Jahren sehr intensiv gearbeitet“, sagt Prof. Dr. Imhof. „Wir können heute aus entnommenen Zellen Knorpel im Labor züchten und dann arthroskopisch, also minimalinvasiv, ins Gelenk transplantieren. So lassen sich Knorpelschäden, die früher zu einem Austausch des Gelenks geführt hätten, erfolgreich therapieren.“ Mithilfe von aus dem Blut gewonnenen Wachstumsfaktoren sei es darüber hinaus möglich, Gewebe im Labor zu generieren, damit beispielsweise eine Sehne am Knochen besser heilt.

 

Geht es um beginnende Arthrose, ist Therapie mit Eigenblut, vielleicht auch in Kombination mit Hyaluronsäure, eine gute Möglichkeit, „die Degeneration zu verlangsamen“, so Prof. Dr. Imhoff. „Es kommt dabei keine Heilung zustande, doch wenn wir damit die entzündliche Komponente bremsen, geht der Abnutzungsprozess nicht so weiter, wie zuvor – man gewinnt Zeit.“

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