24. Januar 2025
Birgitta Dunckel
Melatonin steuert den Tag-Nacht-Rhythmus im Körper, die Wirkung des Hormons bestimmt unseren Schlaf. Außerdem schützt es vor freien Radikalen und fördert ein langes, gesundes Leben
@ Adobe Stock
Melatonin beeinflusst maßgeblich, wann wir müde werden. Es gilt als Taktgeber für unseren Schlaf-Wach-Rhythmus, denn am Abend sorgt Melatonin dafür, dass der Körper sein System herunterfährt und wir schlafen können. Sein natürlicher Gegenspieler ist das „Stresshormon“ Cortisol, das uns morgens in positiven Stress versetzt und uns tagsüber wach und fit hält.
Melatonin nur als Schlafhormon zu bezeichnen, verkauft dieses erst 1958 entdeckte Hormon weit unter Wert. Der renommierte Chronobiologe und Präventivmediziner Dr. Jan-Dirk Fauteck erforscht seit Jahrzehnten die Rolle der inneren Uhr im menschlichen Organismus. Er ist überzeugt, dass der Schlüssel zu einem langen gesunden Leben auf Melatonin basiert.
In seinem Buch „Melatonin: Das Geheimnis eines wunderbaren Hormons“ beschreibt er umfassend, was es mit diesem besonderen Hormon auf sich hat: Neben seinem schlafunterstützenden Effekt schützt Melatonin als potentes Antioxidans unseren Körper vor freien Radikalen und sichert Lebensqualität und geistige Fitness auch im hohen Alter.
Es stärkt unser Immunsystem, senkt den Blutdruck und Cholesterinspiegel und kann helfen, Herzerkrankungen vorzubeugen. Aktuelle Studien beweisen zudem seine hervorragende Wirksamkeit etwa in der Behandlung von Krebs, Demenz, Diabetes, Augenerkrankungen oder Unfruchtbarkeit.
Licht und Dunkel bestimmen unseren Tag-Nacht-Rhythmus. Melatonin wird vor allem in der Zirbeldrüse, dem sogenannten „dritten Auge“, gebildet. Jeder Lichtimpuls wird von der Netzhaut des Auges an die innere Uhr weitergeleitet.
Diese Schaltzentrale des Hirns stellt den Körper auf Nachtbetrieb ein. Gegen 23 Uhr erreicht der Melatonin-Wert das Achtfache von jenem des Tages. Mit der Folge, dass das Körpersystem herunterfährt: Der Energieverbrauch wird gedrosselt, Körpertemperatur und Blutdruck sinken, die Organe beginnen mit der Regeneration.
Dr. Jan-Dirk Fauteck vergleicht Melatonin mit einem begnadeten Dirigenten, der als Taktgeber alle wichtigen Körperfunktionen und Organe das Signal zur Regeneration gibt. Aber: Stimmt der Rhythmus nicht mehr, kommt der Körper aus dem Gleichgewicht.
„Ein Thema, mit dem sich die Chronobiologie seit erst rund zwei Jahrzehnten intensiv beschäftigt. Dank dieser jungen Wissenschaft haben wir erkannt, wie wichtig die Feinabstimmung der Rhythmizität für unsere Gesundheit und im Kampf gegen viele Krankheiten ist“, so Fauteck in seinem Buch.
Kurzum: Ausreichend Schlaf beziehungsweise genügend Melatonin sind für die Gesundheit von außerordentlich großer Bedeutung.
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Wie potent Melatonin ist, zeigt der Autor unter anderem am Beispiel oxidativer Stress und freie Radikale: „Es hat sich gezeigt, dass Melatonin bei der Bekämpfung von freien Radikalen potenter ist als Vitamin C und Vitamin E! Der Grund: Vitamin C gelangt nicht sofort ins Gehirn, wohingegen Melatonin sehr schnell und überall in jede Zelle dringt.
Die Bedeutung dieses Effekts kann nicht genug betont werden, denn: Mehr als hundert Krankheiten unserer Zeit werden mit oxidativem Stress assoziiert.“ Es habe sich herausgestellt, dass das Melatonin vor freien Radikalen, die bei einem Schlaganfall freigesetzt werden – und das Gehirn mehr schädigen als der Schlaganfall selbst – schützen kann.
Je älter wir werden, desto schlechter funktioniert allerdings die Melatoninproduktion, da dafür notwendige Enzyme mit den Jahren weniger werden. Die Folge: altersbedingte Schlafstörungen.
Immer öfter sind allerdings auch jüngere Menschen von Schlafstörungen betroffen. Ein häufiger Grund: Handy, Tablets und Co. Diese elektronischen Geräte werden von den meisten mit ins Bett genommen und erst unmittelbar vor dem Einschlafen aus der Hand gelegt.
Wenn am Abend der Körper auf Nachtruhe umschalten möchte, könne bereits eine Minute blaues Licht den Schlaf-Rhythmus um bis zu eine Stunde verschieben. Ebenso können manche Medikamente den Melatonin-Haushalt stark beeinflussen, zum Beispiel Aspirin, Ibuprofen und Betablocker. Auch Koffein und Alkoholmissbrauch stören die nächtliche Ausschüttung von Melatonin.
Der Melatonin Markt boomt, ob in Form von Sprays, Tabletten, oder Tropfen. Schläft man mit Hilfe eines Melatoninpräparats wirklich schneller ein? In Kombination mit Entspannungstechniken und einer optimierten Schlafhygiene berichten jedenfalls viele Menschen von positiven Ergebnissen.
Denn Melatonin wird in der Regel gut vertragen. Und außerdem machen diese Präparate im Gegensatz zu herkömmlichen, teils verschreibungspflichtigen Schlafmitteln nicht abhängig. Wenn Schlafstörungen allerdings länger als drei Monate anhalten, sollte man unbedingt den Hausarzt zu Rate zu ziehen.