Gluten hat einen schlechten Ruf, immer mehr Menschen streichen Lebensmittel mit Gluten vom Speiseplan. Aber: Was genau ist es und ist es wirklich so schädlich?
@ Adobe Stock
Pasta, Brot und Kuchen schmecken lecker und enthalten Gluten. Deshalb verzichten viele gesundheitsbewusste Menschen auf diesen Genuss – auch wenn sie keine diagnostizierte Unverträglichkeit haben. Ist das wirklich sinnvoll oder nur ein überholter Trend?
Gluten ist ein Protein, das in vielen Getreidesorten wie Weizen, Roggen, Gerste und Dinkel vorkommt. Es verleiht Teigen ihre Elastizität und sorgt dafür, dass Brot und Gebäck ihre Form behalten.
Für die meisten Menschen stellt der Verzehr von Gluten keine gesundheitlichen Probleme dar, allerdings gibt es verschiedene Formen von Glutenunverträglichkeiten, die zu gesundheitlichen Beschwerden führen können.
Die bekannteste Form der Glutenunverträglichkeit ist die Zöliakie, eine Autoimmunerkrankung, bei der der Verzehr von Gluten Entzündungen im Dünndarm auslöst. In Deutschland sind etwa 800.000 bis 900.000 Menschen betroffen.
“Bei Zöliakie-Patient:innen führt der Kontakt mit Gluten zu einer Rückbildung der Dünndarmzotten”, erklärt die zertifizierte Ernährungsberaterin Hannah Willemsen. Dies beeinträchtigt die Nährstoffaufnahme und kann Symptome wie Durchfall, Bauchschmerzen, Müdigkeit und Gewichtsverlust hervorrufen.
Unbehandelt kann Zöliakie langfristig zu Mangelerscheinungen und weiteren gesundheitlichen Problemen führen.
Neben Zöliakie gibt es Menschen, die an einer Weizenallergie oder der sogenannten Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität leiden. Eine Allergie ist meist leicht nachzuweisen, zu den häufigsten Symptomen zählen Hautreaktionen wie Rötungen, Juckreiz oder Nesselsucht, Atemprobleme oder Schwellungen im Mund- und Rachenraum.
„Bei einer Glutensensitivität reagieren Betroffene ähnlich wie bei einer Zöliakie auf Gluten, jedoch ohne die charakteristische Autoimmunreaktion oder Darmschäden. Die Symptome sind oft Bauchschmerzen, Blähungen, Völlegefühl, Müdigkeit oder Kopfschmerzen.
Auch hier kann eine glutenfreie Ernährung zur Linderung der Symptome führen, auch wenn keine offizielle Zöliakie-Diagnose vorliegt”, so die Ernährungsberaterin.
Darüber hinaus zeigen immer mehr Studien, dass auch Menschen mit anderen Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto oder Schuppenflechte von einer glutenfreien Ernährung profitieren können. Die ganzheitliche Ernährungsberaterin betont jedoch: “Dies sollte immer im Einzelfall getestet werden, da nicht jeder Körper gleichermaßen auf Glutenverzicht anspricht.”
@ Marina Leonova
Allerdings verzichten immer mehr Menschen freiwillig auf Gluten, auch ohne eine diagnostizierte Unverträglichkeit. Doch ist das wirklich sinnvoll? Laut Hannah Willemsen gibt es keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass der Verzicht auf Gluten für gesunde Menschen Vorteile bringt.
Laut der Expertin wird Weizen oft zu Unrecht als ungesund dargestellt. “Vollkornweizen, also das volle Korn, ist eine wertvolle Quelle für Ballaststoffe, Vitamine, Mineralstoffe und Antioxidantien.” Wer Gluten meidet, müsse sicherstellen, diese Nährstoffe aus anderen Quellen zu beziehen.
“Die negative Wahrnehmung von Weizen kommt oft von Produkten, die aus raffiniertem Weizenmehl hergestellt werden, wie Weißbrot und Gebäck”, so die Expertin. “Diese Produkte sind in der Tat weniger nahrhaft, da sie bei der Verarbeitung einen Großteil der Ballaststoffe und Nährstoffe verlieren.”
Produkte aus Weißmehl lassen den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen, was zu Energie-Einbrüchen und Heißhunger führen kann, während Vollkornweizen länger satt macht und die Verdauung unterstützt. Für eine ausgewogene Ernährung ist es deshalb empfehlenswert, den Verzehr von Weißmehl zu reduzieren und stattdessen auf vollwertige Alternativen zu setzen – auch, wenn hier Gluten enthalten ist.
Dennoch berichten manche Menschen davon, sich ohne Gluten besser zu fühlen. In diesen Fällen könne eine Ausschlussdiät helfen, um die persönliche Verträglichkeit zu testen und sich dann individuell und intuitiv so zu ernähren, wie es Körper und Geist am besten tut.
Gluten ist in vielen gängigen Lebensmitteln enthalten, insbesondere in Produkten aus Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel, Khorasan-Weizen, Emmer und Einkorn. Dazu zählen:
Hafer ist ein Sonderfall, da er in seiner reinen Form glutenfrei ist. Aufgrund von Verunreinigungen während des Anbaus und der Verarbeitung kann Hafer jedoch Gluten enthalten. Für Menschen mit Zöliakie ist deshalb nur speziell als glutenfrei gekennzeichneter Hafer sicher.
Wer eine Glutenunverträglichkeit hat oder seine Ernährung möglichst abwechslungsreich gestalten möchte, kann auf viele glutenfreie Alternativen zurückgreifen. Glutenfreie Getreidesorten und Pseudogetreide sind unter anderem:
Auch glutenfreie Mehle, wie Buchweizen- oder Reismehl, können zum Backen und Kochen verwendet werden. Dabei sollte man allerdings auf spezielle Rezepte achten, da glutenfreie Mehle – gerade aufgrund des fehlenden Glutens – andere Backeigenschaften haben können.
Statt gewöhnlichem Brot kann man Brot oder Brötchen aus glutenfreien Mehlen bzw. Mehlmischungen, die aus Mais-, Hirse-, Reis- oder Buchweizenmehl wählen.
Anstelle von Hartweizenpasta kommen Buchweizennudeln, Maisnudeln, Reisnudeln oder auch Nudeln aus Hülsenfrüchten auf den Tisch. Und für Müslifans gibt es zum Frühstück glutenfreies Müsli, glutenfreies Crunchy oder glutenfreie Flakes.