13. August 2024

Birgitta Dunckel

Esther Schweins: Seltenen Erkrankungen auf der Spur

Spannend und äußerst informativ: Die Schauspielerin hat gemeinsam mit Prof. Martin Mücke ein Buch über seltene Erkrankungen geschrieben

Zellen

@ Adobe Stock

Es dauert oft viele Jahre, bis für eine seltene Erkrankung die richtige Therapie gefunden wird

Vier Millionen Menschen leiden in Deutschland an seltenen Erkrankungen (SE). Von einer seltenen Krankheit, im Englischen auch Orphan Disease genannt, spricht man, wenn sie bei nicht mehr als fünf von 10.000 Personen auftritt. Sie reichen von genetischen Störungen über außergewöhnliche Infektionen bis hin zu sonderbaren Autoimmunerkrankungen.

 

Wieviele seltenen Erkrankungen gibt es in etwa?

 

Mittlerweile sind weit über 8000 dieser Erkrankungen bekannt. Die Tendenz ist steigend, auch, weil den Expert:innen zunehmend präzisere genetische Diagnostikverfahren helfen. Oft erhalten die Patient:innen falsche Diagnosen und durchlaufen eine jahrelange Odyssee durch Praxen und Kliniken. Denn ihre mysteriösen Symptome richtig zu deuten erfordert Erfahrung, Kombinationsgabe und manchmal unkonventionelles Vorgehen.

 

In ihrem Podcast „Unglaublich krank – Patienten ohne Diagnose“ sind Professor Dr. Martin Mücke und die Schauspielerin und Regisseurin Esther Schweins bereits seit drei Jahren (und über 60 Folgen) auf den Spuren dieser „Waisen der Medizin“, die so selten auftreten, dass auch Mediziner:innen erst einmal im Dunkeln tappen und die Fahndung nach den Gründen bis hin zu der lebensverändernden Diagnose oftmals wie ein Krimi klingt.

 

Die spannendsten Fälle gibt es jetzt als Buch: In „Unglaublich krank: Seltene Krankheiten und was sie über unseren Körper verraten“ (Ullstein Verlag) begeben sich die beiden auf detektivische Recherche nach den Ursachen. Beispiele: Eine Frau, die nachts in die Notaufnahme stolpert und ohne erkennbaren Grund Blut spuckt. Eine Frau, die auf einmal von unerklärlichen Panikattacken heimgesucht wird.

 

Oder: Eine Hand, die plötzlich nicht mehr bewegt werden kann. Die dramatischen Schicksale haben eines gemeinsam: Die Mediziner:innen sind erst einmal ratlos und können keine klare Diagnose stellen, da die Fälle zu selten sind.

 

 

Über 30 Zentren für seltene Erkrankungen in Deutschland

 

 Prof. Martin Mücke ist Direktor des Instituts für Digitale Allgemeinmedizin an der Uniklink RWTH Aachen und Vorstandssprecher des dort ansässigen Zentrums für Seltene Erkrankungen. Allein in NRW gibt es sieben solcher Zentren, in ganz Deutschland sind es über 30. Es sind Orte, an denen sich multiprofessionelle Teams mit besonderer Akribie, Zeit und fachlicher Vernetzung um Menschen mit seltenen Erkrankungen und unklaren Diagnosen kümmern.

Intention für den Podcasts und das Buch war es auch, ein stärkeres Licht auf die Zentren für Seltene Krankheiten zu lenken. Esther Schweins im Interview mit dem WDR: „Das sind die Orte, von deren Existenz Betroffene und ihre Angehörigen wissen müssen, die im Dunkeln tappen, die von Arzt zu Arzt laufen, weil keiner eine Diagnose stellen kann.“

 

Denn oftmals kann in diesen Zentren ein langes Martyrium dieser sogenannten Drehtür-Patienten und die nervenaufreibende Qual bis zur treffenden Diagnose und der passenden Therapie erheblich verkürzt werden.

 

Medizinmythen aufklären

 

Im Gespräch mit dem WDR erklärt Esther Schweins außerdem: „Unsere ganz große Antriebsfeder war es auch, Medizinmythen aufzuklären und allgemeine Gesundheitsthemen zu behandeln.“ Deswegen liefert das Buch, das mit Co-Autor Daniel von Rosenberg entstanden ist, aufschlussreiche Einblicke in die Funktionsweise des Körpers. Denn mit einem tieferen Verständnis medizinischer Zusammenhänge ist man viel eher in der Lage, achtsamer auf die Signale des Organismus zu reagieren und für Ärzt:innen mehr Partner:in als nur Patient:in zu sein.

 

Trotz dramatischer Schicksale und den ihnen zugrunde liegenden, oft tückischen Krankheiten wollen die Autor:innen mit diesem Werk auch Hoffnung wecken. Denn die Medizin entwickelt sich rasant und wird bei der Diagnostik und Therapie seltener Erkrankungen nicht nur durch künstliche Intelligenz, sondern auch durch neue Therapien, zum Beispiel auf Basis der bahnbrechenden mRNA-Technologie, unterstützt.

 

Mehr zum Thema