Herr Professor Imhoff, was sind die häufigsten sportbedingten orthopädischen Leiden oder Verletzungen?
Das ist bei uns natürlich stark saisonbedingt. Im Winter sind es vorwiegend Skiverletzungen durch Stürze. Aber auch durch Kollisionen, die stark zugenommen haben in den letzten Jahren, in erster Linie weil die Pisten besser präpariert sind. Viele fahren heute viel zu schnell, über ihre Verhältnisse, und denken nicht ans Bremsen. Die Folge sind schwere Verletzungen an Kopf, Becken und Wirbelsäule. Der klassische Wadenbeinbruch oder das verdrehte Knie ist seltener geworden, weil das Equipment viel besser geworden ist.
Und der klassische Kreuzbandriss?
Den gibt es auch noch sehr häufig, vor allem wenn abseits der Piste gefahren wird. Das kommt oft daher, weil die Leute nicht so gut trainiert sind. Interessanterweise passieren die meisten Kreuzbandverletzungen beim langsamen Fahren, also Aussteigen aus dem Lift oder bei ganz langsamen Drehbewegungen. Wenn da die entsprechende Muskulatur fehlt, wirken die reinen Schwerkräfte und es zerreißt das Band, es kann aber auch zu Verletzungen am Meniskus oder Knorpel führen. Ältere Menschen verletzen sich beispielsweise erstaunlich oft beim Langlaufen. Die sagen sich: „Ich bin nicht mehr so sicher auf den Skiern, ich mach jetzt ein bisschen Langlaufen.“ Aber mangels vorbereitendem Training stürzen und verletzen sie sich auch dabei.
Viele denken wahrscheinlich auch, dass sie aufgrund des besseren Materials gar nicht mehr so viel Kondition brauchen wie vielleicht früher noch.
Ja, das kommt sicher hinzu.Wenn man das ganze Jahr über fast nichts macht und dann mit den Kindern auf die Piste geht – das ist ja der typische Fall, die 35- oder 40-jährige Mutter oder der Vater mit zwei Kleinen, weil das Wetter so schön ist – , stoßen manche schnell an ihre Grenzen.
Und im Sommer – wo lauern da die größten Verletzungsgefahren?
Da ist es natürlich in erster Linie Fußball, von der Anzahl her.
Auch im Amateurbereich?
Gerade dort, weniger im Profibereich. Auch wieder ein Klassiker: Samstagabend mit den Kollegen oder der Betriebsmannschaft ein bisschen Kicken, das ist das Gefährliche. Die fehlende Vorbereitung, das fehlende Training, einfach mal einen Ball nehmen und bisschen spielen – dann passieren die Unfälle.
Was sind dabei die gängigen Verletzungen?
Kreuzband. Sprunggelenksverstauchungen gibt es auch recht häufig. Das sind dann aber mehr die Läufer und Jogger, wenn man etwa im Gelände plötzlich umknickt. Auch die Achillessehne ist gefährdet, das betrifft eher die Tennisspieler. Man macht einen Ausfallschritt und dann reißt die Achillessehne ab. Oder die Hamstring-Sehne der hinteren Oberschenkelmuskulatur, das sind diese Muskeln, die beim Gesäß oben beginnen und zum Knie gehen. Erst vorgestern hatten wir wieder so einen Fall: joggt hier am Isar-Ufer, rutscht aus, macht einen Ausfallschritt, und dann reißt sie ab.